Ionier

Ionier
Io|ni|er 〈m. 3Einwohner von Ionien, Angehöriger eines der drei griech. Hauptstämme

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Io|ni|er, der; -s, -:
Ew.

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Ioni|er,
 
griechisch Iones, ursprünglich Iawones, ein Teil der alten Griechen, der im 11. und 10. Jahrhundert v. Chr. die Kykladen und die Mitte der Westküste Kleinasiens mit den Inseln Chios und Samos besiedelte. Die Siedler kamen aus Bevölkerungsgruppen, die aus der Peloponnes, besonders aus Pylos und Achaia, nach Attika ausgewandert waren und von dort - im Zuge der so genannten ionischen Wanderung - zusammen mit attischen Siedlern das nach ihnen Ionien genannte Gebiet (die genannten Inseln und die kleinasiatische Küste) kolonisierten. Obwohl schon für Solon Attika als Mutterland der Ionier galt und die altattischen Phylen auch in ionischen Städten begegnen, scheint sich der ionische Dialekt (griechische Sprache) und mit ihm ein ionisches Stammesbewusstsein erst seit der Wanderungszeit herausgebildet zu haben. Ausdruck fand dieses Stammesbewusstsein im Ionischen Bund, der sich im Panionion, dem Poseidonheiligtum am Mykalegebirge, versammelte, wo jährlich die Panionien gefeiert und auch politische Beratungen abgehalten wurden. Mitglieder des Bundes waren die Städte Erythrai, Klazomenai, Kolophon, Teos, Lebedos, Ephesos, Milet, Myus, Priene und Phokaia sowie die Inseln Chios und Samos; Smyrna wurde erst später in den Bund aufgenommen. Ein weiteres religiöses Zentrum besaßen die Ionier im Apollontempel auf Delos. Die Lage der ionischen Städte an den viel befahrenen Seerouten der Ägäis beziehungsweise am Ende der aus Kleinasien kommenden Karawanenstraße in unmittelbarer Nachbarschaft erst des phrygischen, dann des lydischen Großreiches führte nicht nur zu einem Aufschwung des Handels und der Wirtschaft der Ionier, sondern trug auch zu der einzigartigen kulturellen Blüte und Fruchtbarkeit Ioniens besonders in archaischer Zeit bei. Hier entstanden die epische, elegische und jambische Dichtung, die Philosophie, die Geographie und die Geschichtsschreibung (Logographen). Auch in der bildenden Kunst war Ionien im 6. Jahrhundert v. Chr. führend. Da die kleinasiatische Großreiche eine Expansion ins Landesinnere verhinderten, entlud sich der Bevölkerungs-Überschuss der Ionier in einer regen Kolonisationstätigkeit besonders am Marmarameer und am Schwarzen Meer, aber auch in Unteritalien und im fernen Westen (Phokaia). Daneben bestanden Handelsniederlassungen in Ägypten. Seit der Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. wurden die Ionier den Lyderkönigen untertan, nach deren Sturz (um 545) den Persern. Der kulturellen Blüte der kleinasiatischen Ionier machte jedoch erst der Ionische Aufstand (500-494) ein Ende. Seit 477 standen die Ionier unter athenischer, seit 412 unter spartanischer, seit 384 wieder unter persischer Herrschaft. Nach der Befreiung durch Alexander den Großen (334 v. Chr.) erlebten die Ionier in hellenistischer Zeit einen neuen wirtschaftlichen Aufschwung, der jedoch durch den 1. Mithridatischen Krieg (89-84) und die Bürgerkriege ein Ende fand. Erst in der römischen Kaiserzeit folgte für Ionien (das seit 129 v. Chr. Teil der Provinz Asia war) noch einmal eine Epoche wirtschaftlicher und kultureller Blüte.
 
 
G. Kleiner u. a.: Panionion u. Melie, in: Jb. des Dt. Archäolog. Inst., Erg.-H. 23 (1967);
 J. M. Cook: The Greeks in Ionia and the East (Neuausg. London 1970);
 J. M. Cook: in: Cambridge Ancient history, hg. v. J. Boardman, Bd. 3 (21982);
 G. L. Huxley: The early Ionians (Neuausg. Shannon 1972);
 C. J. Emlyn-Jones: The Ionians and Hellenism (London 1980).
 

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Io|ni|er, der; -s, -: Ew.

Universal-Lexikon. 2012.

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